Interview im aktuellen SVV Newsletter mit Dr. med. Bruno Soltermann, Chefarzt des SVV und Vorstandsmitglied von Compasso

Der Verein Compasso unterstützt Arbeitgeber dabei, gesundheitliche Probleme bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern frühzeitig zu erkennen, adäquat zu intervenieren und sie wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Der SVV ist einer der Hauptsponsoren von Compasso.

Der Schweizerische Versicherungsverband SVV ist neben der Suva und der Helsana Hauptsponsor von Compasso. Dr. med. Bruno Soltermann, Chefarzt und Leiter der Arbeitsgruppe Personenschaden und Reintegration des SVV, ist Mitglied des Vorstandes von Compasso. Im Interview erläutert er, warum der SVV den Verein personell, finanziell und ideell unterstützt.

Herr Soltermann, weshalb engagiert sich der SVV für die berufliche Eingliederung?
Bruno Soltermann: Unsere Mitglieder, also unsere Versicherungsgesellschaften, sind sowohl Arbeitgeber wie auch Versicherer. Sie beschäftigen alleine in der Schweiz fast 50‘000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da liegt es auf der Hand, dass bei den Privatversicherern, die als verlässliche Arbeitgeber gelten wollen, die berufliche Eingliederung einen hohen Stellenwert hat.

Als Versicherer und damit als Kostenträger bei Arbeitsausfällen sind unsere Versicherungsgesellschaften bestrebt, die berufliche Eingliederung so gut wie möglich zu unterstützen.

Wie sieht Ihr Engagement konkret aus?
Unsere Versicherungsgesellschaften sind – wie andere Arbeitgeber auch – bestrebt, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht aus dem Arbeitsprozess zu verlieren. Sie stellen ihnen deshalb niederschwellige Beratungsangebote zur Verfügung, wenn medizinische, psychologische oder soziale Schwierigkeiten auftreten.

Wird ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin trotzdem arbeitsunfähig, versuchen die Gesellschaften, sie so rasch wie möglich durch eine dem Genesungsprozess angepasste und kontinuierliche Steigerung der Arbeitsfähigkeit wieder auf das Ausgangsniveau zu heben.

Man darf nicht vergessen: In der Regel müssen die Kolleginnen und Kollegen den Ausfall eines Mitarbeiters auffangen. Diese Mehrbelastung muss so kurz wie möglich sein. Alle Bestrebungen, die dazu führen, dass Mitarbeiter nicht aus dem Arbeitsprozess fallen, gibt Sicherheit am Arbeitsplatz und fördert den Teamgeist. Das führt insgesamt zu höherer Arbeitszufriedenheit und damit auch zu höherer Resilienz.

Warum haben Sie sich entschieden, Compasso als Sponsor zu unterstützen?
Compasso ergänzt die Kampagnen der Privatversicherer in der Prävention, im betrieblichen Gesundheitsmanagement und im Case Management, da Compasso die Arbeitgeber bei der Früherkennung und der beruflichen Integration zusätzlich unterstützt.

Können Sie eine «Erfolgsstory» einer geglückten Ein- oder Wiedereingliederung erzählen?
Ich nehme hier das Beispiel einer Case Managerin, die einen Mitarbeiter, der wegen psychischer Störungen einen Rückfall erlitten hatte und erneut arbeitsunfähig wurde, erfolgreich wieder in den Arbeitsprozess integrierte. Der Arbeitgeber hat damals rasch reagiert und die Case Managerin des Taggeldversicherers, die den Arbeitnehmer bereits früher über längere Zeit begleitet hatte, wieder eingeschaltet. Die Case Managerin hat den Arbeitnehmer eng begleitet und ihn bei der Stabilisierung und der folgenden Verbesserung des Gesundheitszustandes unterstützt. Gleichzeitig war die Koordination mit Therapeuten und v.a. mit dem Arbeitgeber zentral. Der Arbeitgeber fürchtete einen erneuten längeren Arbeitsausfall. Deshalb war es wichtig, den Vorgesetzten – natürlich mit Einverständnis des erkrankten Mitarbeiters – regelmässig über das Krankheitsbild zu informieren und ihn bei der Identifizierung allfälliger Frühwarnzeichen aktiv miteinzubeziehen. In diesem Fall war es auch wertvoll, dass sich die Personalleiterin unmittelbar nachdem die Arbeitsunfähigkeit eintrat, beim Taggeldversicherer meldete und die Angelegenheit nicht bis zum Ablauf der Wartefrist auf die lange Bank schob.

Was ist wichtig zu wissen zum Thema Prävention?
Wir wissen, dass wertschätzende, offene und kommunikative Führung sowie Kollegialität innerhalb des Teams wesentliche Bestandteile der Prävention gesundheitlicher Störungen sind. Selbstverständlich muss jeder Mensch seiner Gesundheit – soweit diese nicht schicksalsmässig vorgegeben ist – selber Sorge tragen. Es können nicht einfach nur der Arbeitgeber, der Vorgesetzte, die Personalleitung oder das Team für gesundheitliche Störungen verantwortlich gemacht werden. Der Arbeitsplatz ist das eine, die soziale Umgebung mit all ihren Unwägbarkeiten das andere.

Da es sich in der Regel früh zeigt, wenn es wegen Problemen am Arbeitsplatz zu Leistungsminderungen kommt, ist der Arbeitsplatz oft auch Ort der Früherkennung. Damit Probleme früh angesprochen werden können, ist gegenseitiges Vertrauen und als Voraussetzung für Vertrauen eine empathische Führung wichtig. Das heisst aber nicht, dass die Chefs nicht auch fordern dürfen und nur Rücksicht auf die Individualität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen müssen. Chefs sollten jedoch fit in Führungspsychologie sein und ihre Mitarbeiter als individuelle Menschen mit ihrer jeweiligen persönlichen Entwicklung und Lebenssituation verstehen.

Beschreiben Sie kurz die Rolle des SVV im Bereich berufliche Eingliederung.
Seit über 15 Jahren unterstützen die Privatversicherer mit dem Case Management die berufliche Eingliederung. Die einzelnen Versicherungsgesellschaften engagieren sich dazu im «Netzwerk Case Management Schweiz». Der SVV selber bietet seit mehreren Jahren die Kurse «Psychische Behinderung und Eingliederung» an. Er hat zudem verschiedene Fallführungsinstrumente entwickelt, die die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Versicherern verbessern sollen.

Welche Tipps können Sie Unternehmen aus Ihrer Sicht als Versicherungsverband geben?
Tragen Sie Sorge zu ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das entspricht einem ethischen Grundsatz. Zudem sind die Mitarbeiter ein äusserst wertvolles Kapital innerhalb einer Firma.

Schauen Sie bei der Auswahl ihrer Chefinnen und Chefs nicht nur auf die fachliche, sondern auch auf die soziale Kompetenz.

Sprechen sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Anzeichen von gesundheitlichen Problemen darauf an. Das sollte möglichst durch den Chef selber erfolgen. Dann sollten Lösungen aufgezeigt und individuell zugeschnittene Hilfestellung angeboten werden.

Zögern Sie nicht, ihre Versicherung frühzeitig zu informieren. Sie kann mit ihrem professionellen Case Management sowohl dem Mitarbeitenden wie auch der Firma helfen, sei es durch die Beratung bei physischen und psychischen Erkrankungen oder bei Absentismus. Es gibt kaum einen Fall, in dem sich ein Versicherer nicht zum Vorteil aller Beteiligten einbringen kann.