Malergeschäft Bryner AG

Baugewerbe/Bau
Nordostschweiz
Praxisbeispiel Bryner

Wie ist es zur Eingliederung gekommen? (Arbeitgeber)

Herr M. wohnt in der Nähe unseres Betriebes. Er kam eines Tages persönlich vorbei und fragte an, ob er bei uns einen Arbeitsversuch machen könnte. Er erklärte seine persönliche Situation und dass er zurzeit von der Suva (später von der IV) unterstützt wird. Er suche eine Arbeit, bei der er trotz seinen körperlichen Einschränkungen arbeiten könne. Zu Beginn reagierten wir eher zurückhaltend. Es stellte sich die Frage, für welche Arbeiten Herr M. eingesetzt werden könnte. Jedoch mit einem klärenden Gespräch mit Herrn F. Jobcoach der Rehaklinik Bellikon, haben wir die Rahmenbedingungen bereinigt.

Mit dem Jobcoach haben wir geklärt, was Herr M. nicht tun soll und was für ihn körperlich machbar ist. Soweit wir konnten, versuchten wir die Arbeit entsprechend zu gestalten, dass Herr M. die für ihn vorgesehene Arbeit mit seiner Einschränkung bewältigen kann. Da unsere Firma auf zwei Standbeinen aufgebaut ist (Spritzwerk und Malerarbeiten auf der Baustelle), sahen wir die Möglichkeit, dass wir Herrn M. in der Werkstatt einsetzen könnten. Denn in den nächsten Monaten wurde ein Mitarbeiter aus diesem Bereich (Spritzarbeiten von Türen und Türrahmen) pensioniert. So kam mir diese Anfrage gelegen.

Ich informierte meine Mitarbeitenden, dass wir jemanden aufnehmen, der mit Unterstützung der IV vorerst ein Praktikum macht. Falls dies positiv verläuft, wir ihn dann definitiv einstellen werden. Das Team nahm dies sehr gut auf.

Wie ist es zur Eingliederung gekommen? (Arbeitnehmer)

Seit 1997 war ich als Maler bei einer Baugenossenschaft in Zürich angestellt. Ich war vorwiegend für Malarbeiten in der Genossenschaft verantwortlich, unterstützte den Hauswart bei kleineren Reparaturen und half auch bei der Gartenarbeit mit. Die Schmerzen wurden immer schlimmer. Aufgrund meiner körperlichen Einschränkungen (Knie und Hüft) konnte ich mit den Jahren die erwartete Arbeitsleistung nicht mehr ausführen.  Im Jahr 2013 hatte ich meine letzte Operation am Knie. Im März/April 2014 kam ich für einen Monat in die Rehaklinik und absolvierte eine berufliche Grundabklärung. Dabei wurden meine Handfertigkeiten und die Maschinenarbeiten geprüft, aber auch meine körperlichen Grenzen erwogen. Gemeinsam mit der Fachperson berufliche Eingliederung suchte ich Stellen, bei denen ich mein Fachwissen aus der Malerbranche einsetzen konnte. Schon im ersten Monat akquirierte ich selbständig ein einwöchiges Praktikum als Magaziner.

Für das weitere Vorgehen fand ein Auswertungsgespräch mit der Suva, Invalidenversicherung, Jobcoach und der Fachperson berufliche Eingliederung der Rehaklinik Bellikon statt. Als nächster Schritt wurde das Coaching am Arbeitsplatz vorgeschlagen. Mit dieser Richtung waren die Suva sowie auch die Invalidenversicherung einverstanden, somit war die Finanzierung für die berufliche Massnahme gesichert. Die Stellensuche erwies sich als schwierig. HerrF. Jobcoach der Rehaklinik, unterstützte mich dabei. Gemeinsam recherchierten wir mögliche Stellen und tätigten sehr viele Telefonate.

Meine Arbeiten bei der Firma Bryner sind vorwiegend Spritzarbeiten von Türen und Türrahmen. Dies ist eine komplett neue Arbeit, welche ich neu zu erlernen hatte.

Praxisbeispiel Bryner

Das erste Praktikum startete im November 2014. Bis Januar 2015 wurde dieser Arbeitsversuch von der Unfallversicherung Suva finanziert. Im Januar 2015 übernahm die IV meinen “Fall“. Mit meinem Berufsberater der IV Aargau hatte ich zu Beginn des Praktikums öfters Kontakt in Form eines persönlichen Gespräches oder eines Telefonats. Mit der Zeit wurden die Gespräche seltener, auch deshalb weil das Praktikum positiv verlief, benötigte ich weniger Unterstützung von der IV. Von Beginn an arbeitete ich 100% und wurde vom Betrieb aus an zwei Kurse geschickt, da die Spritzarbeit eine komplett neue und auch komplexe Arbeit ist. Dabei erhielt ich das IV-Taggeld bis zur Festanstellung, welche ich am 1. August 2015 erhielt.

Die Unterstützung während dem Praktikum war von allen Seiten spürbar. Einerseits war die Unterstützung von Herrn F., von der Rehaklinik Bellikon sowie auch von Herrn R. von der Invalidenversicherung sehr hilfreich und unterstützend. Zudem war der Wille von Herrn M. sehr spürbar, dass er wieder arbeiten will. Die Unterstützung war nicht nur in finanzieller Art, auch bei anderen Unklarheiten konnten wir Hilfe holen.Der persönliche Kontakt zum Jobcoach wie auch zum Berufsberater der IV war während dieser Zeit wichtig.

Herausforderungen und Empfehlungen des neuen Arbeitgebenden

Die grösste Herausforderung war die Geduld. Der Lernprozess bei Herrn M. brauchte länger als erwartet. Die Spritztechnik ist eine komplett andere Arbeit als was Herr M. gelernt hatte, umso erfreulicher war es zu sehen, wie er bei der Arbeit Fortschritte machte. Wichtig zu beachten ist, dass bei der Auftragserteilung auf seine körperliche Einschränkung Rücksicht genommen wird und die Arbeit entsprechend angepasst wird. Ansonsten kommt die Retourkutsche in Form von Ausschuss oder dass wieder vermehrt Schmerzen auftauchen. Deshalb ist es für uns auch wichtig, dass bei einem möglichen Rückfall wir den Rückhalt von der Suva haben. Meine persönliche Einstellung ist, Personen eine Chance zu geben, die es beruflich oder privat nicht einfach haben, auch wenn es Mehraufwand bedeutet. Es wäre schön, wenn andere Betriebe dies auch versuchen würden, beeinträchtigten Personen den beruflichen Einstieg zu ermöglichen. Es kommt sehr viel Dankbarkeit  zurück. Dies kommt nicht sofort in voller Leistung herüber, jedoch kommt Herr M. motiviert zur Arbeit, weil er will und es als Chance sieht.

Persönliche Erfahrung (Arbeitnehmer)

Der ganze Prozess von der beruflichen Grundabklärung bis zur Anstellung war mit vielen Ups und Downs geprägt. Es war zentral, dass ich nach Bellikon kam. Ohne hätte ich einen Wiedereinstieg wohl nicht geschafft. Es hat mein Selbstbewusstsein gestärkt und mir war es enorm wichtig, dass ich mein Geld selber verdienen kann.

Die Geduld war die grösste Herausforderung.Einerseits zu akzeptieren, dass ich körperlich nicht mehr die gleiche Arbeit machen kann, dass ich eingeschränkt bin und andererseits die Geduld und auch die Herausforderung, wieder etwas Neues zu lernen. Es brauchte für mich mehr Zeit und auch mehr Aufwand. Die Integration war nur möglich, dank der grossen Akzeptanz von meinem Chef und den anderen Mitarbeitenden. Ich wurde sehr gut aufgenommen.