Schutz und Rettung Bern

Gastgewerbe
Espace Mittelland
Praxisbeispiel Schutz und Rettung Bern

Wie ist es zur Eingliederung gekommen? (Arbeitgebende)

Frau B. absolvierte ein Praktikum bei Domicil Cuisine in der Produktion. Schutz und Rettung Bern und Domicil Cuisine haben eine enge Zusammenarbeit und als wir kommunizierten, dass wir eine Stelle zu besetzen hätten, empfahlen uns die Verantwortlichen von Domicil Cuisine Frau B. Wir vereinbarten also ein Probearbeiten mit Frau B. Wir lernten Frau B. als offene, humorvolle und zuverlässige Person kennen, bei welcher ich sofort den Eindruck hatte, dass sie perfekt in unser kleines Team passen würde. Daher war für uns rasch klar, dass wir Frau B. eine Chance zum Wiedereinstieg im Rahmen einer Festanstellung mit 40% bei uns bieten möchten und sie auf ihrem Weg unterstützen wollen.

Wie ist es zur Eingliederung gekommen? (Arbeitnehmerin)

Ich habe in einem Tankstellenshop der Landi gearbeitet. Hier wurden uns die Arbeitspläne relativ kurzfristig mitgeteilt, ich konnte nie weiter als einen Monat zum Voraus planen. Auch ging es oft hektisch zu und her und der Job beinhaltete körperliche Arbeit.

Im Jahr 2017 erlitt ich einen Hirnschlag. Anschliessend an die medizinische Behandlung musste ich in die Reha in Riggisberg. Ich wurde nicht nur von der IV, sondern auch von einem Job Coach der Band Genossenschaft unterstützt. Dieser Job Coach vermittelte mir das Praktikum bei Domicil Cuisine.

Dort habe ich dann von der frei werdenden Stelle im Hausdienst bei der Berufsfeuerwehr Bern erfahren. Meine Motivation für die Bewerbung in der Cafeteria/Küche der Feuerwehr war es, einen ruhigeren und besser planbaren Job zu haben. Plus war es mein Ziel, eine Festanstellung zu haben und nicht mehr im Praktikumsverhältnis angestellt zu sein. Also nahm ich sehr gerne das Angebot für ein Probearbeiten von Schutz und Rettung an.

Praxisbeispiel Schutz und Rettung Bern

Es war Frau B. immer klar, dass sie baldmöglich wieder arbeiten wollte, wenn auch in einem Teilzeitpensum.

Von Ende 2017 bis Anfang 2018 fand ein erster Integrationsversuch in einem 30%-Pensum statt, wieder im Tankstellenshop bei der Landi. Dieser Eingliederungsversuch klappte aus unterschiedlichen Gründen leider nicht. Der Vorschlag der Ergotherapeutin eines Belastbarkeitstrainings in der Band Genossenschaft stiess auf positive Resonanz. Das Training dauerte ein halbes Jahr und gegen Ende fand Frau B. eine Praktikumsstelle in einem Migros-Restaurant, was ihr sehr gut gefiel. Leider war eine Festanstellung aus personellen/finanziellen Gründen nicht möglich, daher startete Frau B. Anfang 2019 ein weiteres Praktikum in der Gastronomie bei Domicil Cuisine. Wieder war es trotz beidseitig grosser Zufriedenheit nicht möglich, das Praktikum in eine Festanstellung umzuwandeln. Das Angebot für ein Probearbeiten bei der Berufsfeuerwehr kam daher sehr gelegen. Ab Juli 2019 erhielt Frau B. hier eine feste Anstellung im 40%-Pensum.

Von der IV-Stelle Kanton Bern wurde Frau B. eine Betreuungsperson zugeteilt. Mit dieser traf sich Frau B. alle ein, zwei Monate zum Austauschen, auch gemeinsam mit dem Job Coach der Band Genossenschaft. Die Praktika mussten jeweils durch die IV bewilligt werden, dadurch wurde dann aber auch deren Finanzierung von der IV übernommen. Das heisst, die Lohnausgaben für Frau B. mussten nicht vom Arbeitgeber übernommen werden, sondern wurden von der IV beglichen.

Mit dem Job Coach der Band Genossenschaft fand ein wöchentlicher Austausch statt. Freud und Leid konnten in diesem Rahmen an- und besprochen werden. Alle weiteren Schritte wurden durch den Job Coach angeregt und begleitet, er motivierte Frau B. auch immer wieder, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Der Job Coach war eine wichtige Bezugsperson während des gesamten Prozesses der Wiedereingliederung.

Persönliche Erfahrung (Arbeitgebende)

Ich bin überzeug, dass mit Vertrauen und Wertschätzung in die Mitarbeitenden ihre Stärken hervorgeholt werden können. Zudem erachte ich es als wichtig, allfällige Schwächen oder Handicaps zu erkennen und Abläufe so zu gestalten oder anzupassen, dass diese für die betroffenen Mitarbeitenden möglichst wenig Einschränkungen bieten.

Der Einstieg bei uns im Team mit Fr. B. verlief ähnlich wie mit anderen neuen Mitarbeitenden auch. Wir haben die Gelegenheit genutzt, neue Checklisten und Arbeitsabläufe zu erstellen, an welchen sich Frau B. jederzeit orientieren konnte. Davon profitierte wiederum das ganze Team, weil dadurch alle Mitarbeitenden die anfallenden Arbeiten besser aufeinander abgestimmt ausführen konnten.

Die Kunden (die anderen Mittarbeitenden von Schutz und Rettung Bern, ausserhalb des Teams) haben wir lange Zeit nicht informiert über die Beeinträchtigung von Frau B. Somit konnten wir eine Kultur schaffen von Vertrauen und Erfolg. Ich bin überzeugt, dass dies Frau B. sehr geholfen hat, denn die Kolleg:innen begegneten ihr offen und neutral.

Persönliche Erfahrung (Arbeitnehmerin)

Die grösste Herausforderung für mich war es, 6 Stunden auf den Beinen zu stehen und mich dabei zu konzentrieren. Aber mit Willen ist Vieles möglich. Mein Vorgesetzter war sehr rücksichtsvoll, ermöglichte mir bei Bedarf Pausen und brachte keine Vorwürfe oder Kritik an, sondern begleitete mich stets konstruktiv.

Meine Befürchtung, dass ich den neuen Anforderungen nicht gewachsen sein könnte, meine hohen Ansprüche an mich selbst und die Angst davor, dass mich erneut ein Hirnschlag ereilen könnte, waren meine grössten Sorgen während der ersten Zeit bei der Berufsfeuerwehr von Schutz und Rettung Bern. 

Es hat mir ausserordentlich geholfen, dass die Beziehung zum Team wie auch zu meinem Vorgesetzten stets geprägt war von Wertschätzung und Respekt mir und meiner Arbeit gegenüber. Das Arbeitsklima war und ist toll und ich fühle mich hier wirklich wohl. Meine Erkrankung spielte nie eine zentrale Rolle, sondern ich erfuhr stets eine gleichwertige Behandlung wie alle anderen Team-Mitglieder auch.